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Art of Feeling im Leopoldmuseum

Die liebe Wera hat mich auf Twitter auf die App “Art of Feeling” des Leopoldmuseums, die in Kooperation mit Samsung entwickelt wurde, aufmerksam gemacht. Das konnte ich mir nicht entgehen lassen und so ging es flugs in das Leopoldmuseum.

Innovative App visualisiert die Gefühle von Museumsbesuchern

© Samsung Electronics Austria

Allgemeines

Die Art of Feeling App soll nach Samsung “Menschen ermutigen, durch ein Museum zu spazieren und dabei auf eine völlig neue Art zu entdecken, wie man Kunst mit Hilfe von Gefühlen erleben kann“.((Text von http://www.samsung.com/at/microsite/artoffeeling/))

Durch eine Zusammenarbeit mit Galerien und Museen wie dem Leopoldmuseum oder MMOMA Museum in Moskau soll diese ermöglicht werden. Emotionen wie “überrascht“, „fröhlich“, „neugierig“, „melancholisch“ oder „schockiert“ können vom Betrachter der Kunstwerke ausgewählt werden, jede Emotion steht für einen anderen Farbton und am Ende des Besuchs und am Ende der Gefühlsachterbahn soll ein einzigartiges Kunstwerk entstehen, das man teilen und mailen sowie in ausgedruckter Form mit nach Hause nehmen kann.

Vor dem Museumsbesuch

Natürlich wird man da als Kunsthistorikerin sofort hibbelig, würde am liebsten schon vor der Eingangstür des Leopold Museums campieren. Schön langsam mit den jungen Pferden … und einmal darüber nachgedacht …

Kunst und Gefühle

… gehen untrennbar Hand in Hand miteinander. Jeder Mensch empfindet etwas, wenn er ein Kunstwerk betrachtet und wenn es Gleichgültigkeit, Ekel, Ablehnung, Freude, usw. ist. Vorab bin ich gespannt, welche Gefühle (16 sollen es sein) ausgewählt wurden. Betrachtet und analysiert (“zerlegt”) man ein Kunstwerk (siehe dazu unseren Gastbeitrag bei Maria Männig – Bildbetrachtungen) als Kunsthistoriker so lässt man die Gefühle draußen und arbeitet die Methodenliste in Gedanken ab (Bildbeschreibung, -analyse, unterschiedlichste Methoden, Einordnug in einem Kontext etc.). Also gilt es den Schalter im Gehirn abzudrehen und sich von Gefühlen leiten zu lassen. Wie überschwenglich Betrachter reagieren können, zeigten wir auch schon mit unserem Beitrag über die Kunstzerstörung (Cy Twombly und der Kuss).

Kunsthistorisches

Das Kunst und Emotion derzeit auch in der Forschung “in” ist, beweist die am 5. und 6. November 2015 in Zürich stattfindende Tagung “Kunst und Emotion: Zur Ästhetik der Gefühle”, wo unter anderem Fragestellungen wie “Installative Kunstwerke – mit oder ohne partizipative Einbindung des Betrachters – und emotionale Steuerung” näher untersucht werden sollen. Interessant ist auch das Interview mit dem Emotionsforscher Antonio Damasio – der sehr schön, dass Dilemma der Emotionen, die beim Betrachten eines Bildes entstehen, aufzeigt:((http://www.tagesspiegel.de/wissen/interview-kunst-ist-eine-generalprobe-fuers-hirn/1354900.html))

Ist das nicht faszinierend? Das Gehirn ist in der Lage, die verschiedenen Reize und Ebenen des Bildes zu trennen. Mit einem Teil erlebe ich das Grauen, ich spüre Trauer. Ein anderer Teil aber weiß ganz genau, dass dieser Horror nicht wirklich stattfindet und genießt sogar die Ästhetik des Bildes. Die widersprüchliche Mischung gibt dem Gehirn die Gelegenheit, sich auf etwas vorzubereiten. Kunst ist wie eine Generalprobe fürs Gehirn.

So genug sinniert … jetzt geht es auf ins Museum … eine Kunsthistorikerin und ein Nicht-Kunsthistoriker …

Museumsbesuch

Das Leopoldmuseum zählt zu meinen Lieblingsmuseen. Derzeit sind neben den permanenten Ausstellungen Egon Schiele und Wien 1900 die Ausstellungen “Tracey Emin / Egon Schiele – Where I want to go” und “Wally Neuziel” zu sehen. Der Sammlungsbestand ist mir sehr gut bekannt und die aktuellen Ausstellungen konnte ich auch schon besuchen, freue mich aber auf den neuen, interessanten Gefühlsaspekt, der sich durch die App eröffnen soll.

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Nach dem Eintritt befindet sich in der großen Halle des Museums der Stand von Samsung, wo man gegen einen Ausweis ein Handy mit der vorinstallierten App ausgehändigt bekommt. Die Mädels waren sehr nett und erklärten kurz wie alles funktioniert. Im Prinzip sehr einfach, man hält die Rückseite des Handy auf die markierten Felder, die mit einem NFC-Tag((zur Erläuterung – siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Near_Field_Communication)) versehen sind, es geht die Bewertungsauswahl auf, die sich auf 16 Emotionen erstreckt und man beantwortet für sich die Frage: Was fühlen Sie, bei diesem Kunstwerk ?

Abb. Leopoldmuseum - Beschriftung Makart

Abb. Leopoldmuseum – Beschriftung Makart

Insgesamt erstreckt sich der Bereich der App über 3 Stockwerke (1. UG, 3. OG und 4. OG). Wir haben uns von oben nach unten vorgearbeitet. Jedes Stockwerk ist im Grundriß abgebildet und zeigt die Punkte an, wo sich ein “Hotspot” befindet.

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Toll ist, dass man auch betrachten kann, wie die bisherigen Besucher das jeweilige Bild bewertet haben und man auch die Bilder nach Gefühlen filtern kann.

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Das erste Bild, das wir gefühlstechnisch bewerteten, war die “Vestalin” von Hans Makart.

Leopoldmuseum

Abb.: Leopoldmuseum / Hans Makart – Vestalin

Mein Eindruck: da ich die Sammlung sehr gut kenne, war es für mich eine tolle neue Erfahrung, mich auf die Gefühlsebene einzulassen und meinen Betrachterfocus vor allem auf die gekennzeichneten Werke zu legen (in manchen Sälen sind 5 und mehr Bilder markiert, in einigen gar keines, manchmal 1-2), wodurch ich relativ schnell voran kam, meine Begleitung aber doch etwas mehr Zeit brauchte. Wie erwartet tat ich mir mit den Gefühlen doch relativ schwer, weil mein Gehirn sofort in eine Interpretation fiel und ich dann eigentlich oft an eine andere Emotion dachte, die ich selbst beim Betrachten nicht in dieser Form empfand, womit ich öfters vor dem Dilemma stand – was gebe ich da jetzt ein – meine kunsthistorische “emotionale” Bewertung oder mein persönliches Empfinden. Meine Begleitung hatte damit nicht so sehr zu kämpfen, ihm gefiel die Aktion sehr gut und bezeichnete sie begeistert als “Schnitzeljagd” durch das Museum, “kritisierte” aber die Vielzahl an Auswahlmöglichkeiten hinsichtlich der Emotionen. Für jemanden der zum ersten Mal das Leopoldmuseum besucht, wäre das wahrscheinlich zu überfordernd, die Kunstwerke zu betrachten, fotografieren, Audioguide, Ausstellungstexte lesen usw.

Zu den Emotionen:

Unter folgenden Emotionen musste man seine Wahl treffen – Überrascht – Fröhlich – Optimistisch – Inspiriert – Bewegt – Energiegeladen -Leidenschaftlich – Versunken – Neugierig – Fokussiert – Ruhig – Nachdenklich – Wehmütig – Melancholisch – Unbehaglich – Schockiert.

Jeder Emotion ist eine andere Farbe zu geordnet – wie man hier zB sieht steht für “Neugierig” die Farbe grün, für “Optimistisch” orange, für “Ruhig” oder “Fokussiert” oder “Nachdenklich” Blau- bzw. für “Melancholisch” Lila (wirkt am Foto jetzt eher blau, ist aber lila).

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Nachdem wir uns auf eine emotionale Reise durch das Leopoldmuseum begeben haben, gaben wir die Handys wiederzurück und erhielten zwei Ausdrucke unser jeweiligen “Emotionsmappe”.

So sahen unsere “Kunstwerke” am Schluss aus:

 

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Jetzt könnt ihr mal raten, welches Kunstwerk von mir stammt und welches von meiner Begleitung :) …

Fazit

Ein ganz tolle Erfahrung, die uns beiden sehr gut gefallen hat. Die App ist sehr leicht zu bedienen. Ein Museumsbesuch, der uns sicher lange in Erinnerung bleiben wird. Alleine die Tatsache, dass ich meinen (emotionalen) Zugang zur Kunst überdenken musste, war sehr inspirierend. Ein Besuch unter Verwendung der App kann daher sehr empfohlen werden. Tolle Idee ! Also ab in Museum und zeigt uns eure Kunstwerke !! Ich würde gerne eure emotionalen Kunstwerke sehen !

Facts

Den Eintritt haben wir selbst bezahlt, die Nutzung des Handys und der App sowie der Ausdruck ist kostenlos !

Sprachen der App: Deutsch / Englisch

Dauer der Aktion: bis 31. Juli 2015

Webseite Leopoldmuseum

Webseite App “Art of Feeling” von Samsung

Literatur / Links

Eine Reihe an sehr lesenwerten Diplomarbeiten:

Karina Stefanie Ortner, Die emotionale Wirkung moderner Kunst, Wien 2010 – Link

David Welleditsch, Ästhetische Emotion und Kunstexpertise, Wien 2010 – Link

Mariella Panagl, Moderne Kunst als Auslöser von Emotion, Wien 2011 – Link

Interview – „Kunst ist eine Generalprobe fürs Hirn“ – Wie hängen Gefühle und Kreativität zusammen? Ein Gespräch mit dem Emotionsforscher Antonio Damasio – Der Tagesspiegel, 24.10.2008 – Link

7 Gedanken zu „Art of Feeling im Leopoldmuseum“

  1. Liebe Alex,
    das gefällt mir gut, was du beschreibst. Die Gefühle anzusprechen, das halte ich füf einen wichtigen Aspekt der Kunstvermitllung. Und ha, ich kenne das such do gut, dass meine professionelle Dicht mir oft such eine unbeschwerte Herangehensweise verbaut
    Warum gab es die App nicht für das eigene Device, wäre jetzt direkt meine Frage.
    Auch die Auswertung finde ich ein bisschen unbefriedigend. Mit würde es gefallen, wenn mit dem Wortfeld drr Gefühlsadjektve noch weiter gespielt werden könnte.
    Aber vielen Dank für deinen Bericht.

    Herzlichen Gruß von Anke

  2. Liebe Anke !

    Du sprichst Fragen an, die mich natürlich auch interessieren. Warum es die App nicht gibt, ist eine berechtigte Frage, kann ich aber nicht beantworten, werde aber eine Anfrage an Samsung richten, da wollte ich aber noch etwas zu warten, bis die Eindrücke sickern und mir keine Fragen durch den Rost fallen.

    Die Auswertung in Form eines Kunstwerkes ist eine gute Idee, allerdings hätte mich auch eine ausführlichere Statistik (Aufstellung aller Kunstwerke und wie habe ich sie jetzt in concreto bewertet) auch interessiert.

    Was passiert mit den Daten ? Werden diese am Ende veröffentlicht ? Was verspricht sich das Museum aus den gewonnen Daten ?

    Mit der Reichweite der Emotionen könnte man natürlich spielen, kann aber sagen, dass es meiner Begleitung eindeutig zu viele waren, ich hingegen vermisste einige, die nicht in der Liste vorkamen und konnte daher nur jene auswählen, die dieser am nächsten kam.

    Liebe Grüße
    Alex

  3. Liebe Katharina !

    Art of Feeling ist nur mehr bis 31.7.2015 im Leopoldmuseum, also nur mehr heute, morgen und übermorgen. Wenn es sich für dich irgendwie ausgeht, solltest du noch hinschauen.

    Liebe Grüße
    Alex

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