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Blogparade – Über den Wolken

Über den großartigen Blog von Anett – Stadtsatz und ihren Beitrag haben wir die Blogparade “Über den Wolken” der Reisebloggerin Gudrun entdeckt. Wir möchten uns mit einem etwas unkonventionellen Beitrag daran gerne beteiligen – wieso unkonventionell ? Weil wir keine reale Flugreise, Reiseerlebnis oder Flugzeug beschreiben, sondern euch auf eine kleine Reise “Über den Wolken” durch die Kunst mitnehmen wollen. Ein Versuch Fliegen und Wolken mit Kunst zu verknüpfen …  Alles einsteigen, anschnallen und los gehts.

Über den Wolken

Der Lehrplan des Diplomstudiums sieht eine Auslandsexkursion vor, unsere führte uns gemeinsam nach Berlin und nach Kassel zur documenta 13. Als wir die documenta-Halle betraten, wurden wir von einem Kunstwerk überwältigt, das jetzt perfekt zur Blogparade “Über den Wolken” passt – die “Collage eines Flugzeugs” von Thomas Bayrle von 1982/1983.

Flugzeug

Geprägt durch seine Ausbildung als Färber und Weber entsteht 1982/83 die 13,4 Meter breite und 8 Meter hohe “Collage eines Flugzeuges”. Diese Arbeit beschäftigt sich mit dem “System fliegen”, es handelt sich um eine Fotoarbeit, die Bayrle gemeinsam mit seiner Frau und Tim Hartmann zusammenstellte. Bezugnehmend auf die Demonstrationen des Jahres 1982, die sich gegen den Ausbau des “Runway West” des Frankfurter Flughafens (von dem wir dann im Jahr 2013 unsere Heimreise von der documenta13 antraten) richteten, schuf Thoma Bayrle ein “Superzeichen”, bestehend aus 14.000.000 kleinen Flugzeugen, die seriell aneinandergereiht wurden. Bayrle greift das “Phänomen der Masse” auf, die Tatsache, dass die Demonstranten auf den schrecklichen Lärm hinweisen, ändert nichts daran, dass sie aus dem Flugverkehr auch ihre Vorzüge ziehen, wie Bayrle betont: ” … hier sind 14.000.000 Flugzeuge drauf, wenn man jedes Flugzeug nur mit 100 Leuten besetzt, dann sind es 140.000.000 Fluggäste, heute völlig normal, damals nicht so normal”.((Bettina Krogemann, Documenta 13, Interview with Thomas Bayerle, Link))

 

Bayrle nutzte den Überraschungseffekt perfekt aus, denn die wenigsten rechneten damit, dass sie auf der documenta 13 mit einem Flugzeug konfrontiert werden. Das Summen der angrenzenden Motoren, das durch den Raum schwebte, verstärkte zusätzlich diesen Effekt und versetzte den Besucher in eine Maschinenhalle, lediglich der Geruch des Kerosins fehlte. Wurde beim Betreten über die Zugangstreppe der documenta-Halle das Flugzeug noch als “Superzeichen” wahrgenommen, so enthüllte es bei einer näheren Betrachtung seine Transformation vom Makro- zum Mikrokosmos: “[…] die Superform in einigen Werken wird aus den gleichen Motiven zusammengestellt und bildet somit eine Art Tautologie (zB ein Kamel aus Kamelen, ein Stuhl aus Stühlen)”((Ulrike Lehmann, Kritisches Lexikon der Gegenwartskunst – Thomas Bayrle, in: http://www.zeitkunstverlag.de/wp-content/uploads/wpsc/downloadables/kuenstler-2008-12-084-bayrle-thomas.pdf)), in diesem Fall – Flugzeuge aus Flugzeugen und nochmals Flugzeugen.

Wolken

Im Stiegenhaus des Kunsthistorischen Museums befindet sich ein Deckengemälde von Mihály von Munkáscy, die Apothese der Renaissance, aus dem Jahr 1890. Das Deckengemälde imitiert wunderbar eine Kuppel, die zum Himmel hin geöffnet ist. Weiße Wolken ziehen durch das Gemälde. Unterhalb der Loggia sind Michelangelo, Leonardo da Vinci und Raffael zu erkennen. Veronese und Tizian sind gerade dabei zu malen. Über allen schweben Fama und Gloria – Ruhm und Ehre der Künste. Dieses Gemälde soll den Parnass der Kunst verkörpern. Das Gemälde wurde von Munkáscy in seinem Pariser Atelier angefertigt, wurde von Paris nach Wien transportiert und an die Decke angebracht.((Siehe den Folder vom KHM – Link))

Dieses Bild soll stellvertretend für unzählige Wolkenbilder in der Kunst stehen. Diesem “Phänomen” wurde bereits in einigen Ausstellungen und Publikationen nachgegangen. 2004 war in Hamburg die Ausstellung – Wolkenbilder. Die Entdeckung des Himmels zu sehen. Im Jahr 2013 fand eine Ausstellung im Leopoldmuseums mit dem Namen “Wolken. Welt des Flüchtigen” statt.((Abb. und nähere Informationen siehe im Archiv des Leopoldmuseums sowie im Kurier zur Ausstellung)) Wolken üben, nicht nur auf Künstler, sondern auf fast jeden Menschen eine große Faszination aus, von schneeweiß bis kohlrabenschwarz, von purpurrot bis knallorange, die Farbenpalette der Wolken ist scheinbar unendlich. Aber nicht nur die Farben – reden wir von den Formen ! Auftürmend, winzig klein, zerrissen, bedrohlich zäh, kleine Schäfchen, große Wolkengebilde. Die unterschiedlichen “Darstellungen” von Wolken – sei es nun in natura oder in einem Kunstwerk – trägt dazu bei verschiedenste Empfindungen (in dem Betrachter) auszulösen. Bedrohung, Melancholie, Freude, Ehrfurcht, Vernichtung.

Auch in der Literatur finden sich großartige Beschreibungen, wie zB von Max Frisch, in einem meiner Lieblingsbücher – Homo Faber. Mit diesem Zitat möchten wir unsere “Reise über den Wolken” schließen:

“Wir fliegen vorbei; man sieht das Gipfelkreuz, weiß, es leuchtet, aber sehr einsam, ein Licht, das man als Bergsteiger niemals trifft, weil man vorher absteigen muß, Licht, das man mit dem Tod bezahlen müßte, aber sehr schön, ein Augenblick, dann Wolken, Luftlöcher, die Alpensüdseite bewölkt, wie zu erwarten war, die Wolken: wie Watte, wie Gips, wie Blumenkohl, wie Schaum mit Seifenblasenfarben, ich weiß nicht, was Sabeth alles finden würde, es wechselt rasch, manchmal ein Wolkenloch, in der Tiefe: ein schwarzer Wald, ein Bach, der Wald wie ein Igel, aber nur eine Sekunde lang, die Wolken schieben sich durcheinander, Schatten der oberen Wolken auf den unteren Schatten wie Vorhänge, wir fliegen hindurch, Gewölk in der Sonne vor uns: als müsse unsere Maschine daran zerschellen, Gebirge aus Wasserdampf, aber prall und weiß wie griechischer Marmor, körnig – Wir fliegen hinein.”

Weiterführende Literatur:

  • Alexandra Matzner, Wolken. Welt des Flüchtigen – Link
  • Tobias Natter, Wolken. Welt des Flüchtigen
  • Hubert Damisch, Theorie der Wolke

 

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