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Pinkifizierung von Kunst ?!

Es ist wie das Amen im Gebet – kaum werden in Österreich die PISA-Ergebnisse veröffentlicht – und die Ursachenforschung betrieben – taucht das Wort Pinkifizierung auf. Vor einigen Tagen erhielt ich den Katalog der 5. Ausstellung der Ressler Kunstauktionen und dieser war – pink.

Pink – Pink – Pink – ist meine Lieblingsfarbe

Zunächst dachte ich mir – ehrlich gesagt – nicht viel – (außer aha pink – anstelle schwarz) – als ich die Farbe des aktuellen Auktionskataloges sah (im Gegenteil – ich freute mich über die Zusendung und auf den Inhalt). Gesagt getan – geöffnet – las ich das Vorwort des sehr geschätzten Otto Hans Ressler, in dem er ausführte, dass in der am 23. Jänner 2017 stattfindenden Kunstauktion, diesmal ausschließlich Kunst von Künstlerinnen versteigert werden würden.

Weiters ist zu lesen, dass Künstlerinnen im Kunstbetrieb benachteiligt seien, ihre Werke in Museen und am Kunstmarkt unterrepräsentiert wären.((   Ressler, Vorwort, Katalog 5, Ressler Kunstauktionen.)) Zitiert wird ein Mail von Katharina Prantl mit der Frage “Ist die Malerei noch immer nur männlich ?”. ((   Ressler, Vorwort, Katalog 5, Ressler Kunstauktionen.))

Der erste Gedanke von mir war – ah darum Pink ! Der zweite – Darum Pink ? Danach musste ich an so manchen Artikel, Buch, Diskussion der letzten Zeit denken.

Pink – Pink – Pink – ist alles was ich habe

Besonders der Artikel der Künstlerin Despina Stokou – Eau de Bro – Frauen in der Kunst – erschienen am 23.10.2016 – auf Monopol.de und einige ihrer Argumente sind in diesem Zusammenhang und für meine Überlegungen beachtenswert:((   Despina Stokou,Frauen in der Kunst. Eau de Bro, Monopol Magazin, veröffentlicht am 23.10.2016.))

Reine Frauen-Ausstellungen/Frauenthemen in Zeitschriften
Solche Veranstaltungen isolieren das weibliche Element, als wäre es eine seltene ansteckende Krankheit von einem anderen Planeten. Das Kuratieren einer Kunstausstellung allein auf der Basis des Geschlechts der Beteiligten ist im besten Fall so absurd oder so beschränkt, wie eine Ausstellung allein nach dem Medium oder persönlichen Charakteristika zusammenzustellen; Künstler/innen, die Airbrush-Farben benutzen, Künstler/innen mit Grübchen, solche mit brünetter Haarfarbe oder mit nur einer Hand. Im schlechtesten Fall ist eine solche Ausstellung ein Affront.

 

Despina Stokou

Über diese Aussage lässt sich (wie immer) streiten, ab der Mitte des 19. bzw. zu Beginn des 20. Jahrhunderts kämpften viele großartige Künstlerinnen um Anerkennung und um Sichtbarkeit. Sie kämpften darum um zu studieren, um auszustellen und als Künstlerin anerkannt zu werden. Künstlerinnenvereine wurden vor allem deshalb gegründet, um den Forderungen nach einer Ausbildung sowie Ausstellung eine Plattform zu geben.((    Andrea Christine Winklbauer, Als Frau und Künstlerin. Durchsetzungsstrategien weiblicher Kunstschaffender im 19. Jahrhundert, in: Ingried Brugger, Jahrhundert der Frauen, Vom Impressionismus zur Gegenwart. Österreich 1870 bis heute, Wien, 1999, S. 50 – im Übrigen ein großartiger Katalog zur gleichnamigen Ausstellung.))

Was ich daran nicht mag, ist die Vorstellung, dass Künstlerinnen immer noch Schutz brauchen. Weibliche Kunst (was immer das ist) braucht immer noch einen sicheren Raum, denn wenn man die Arbeiten der Künstlerinnen – Gott behüte! – zusammen mit den Werken von Männern zeigen würde, würden sie den Vergleich nicht bestehen. Oder umgekehrt natürlich.

 

Despina Stokou((  Despina Stokou,Frauen in der Kunst. Eau de Bro, Monopol Magazin, veröffentlicht am 23.10.2016.))

Darum lieb’ ich alles was so pink ist,

In der letzten Zeit finden die Frauen in der Positionierung innerhalb der Kunstgeschichte, bei Ausstellungen in Museen und in der Kunstliteratur mehr und mehr Beachtung, was sich durch Titel wie „Künstlerin sein!“, „Der weibliche Blick“, „Girls can tell“, „Bube, Dame, König – was ?“ oder „Mimosen, Rosen, Herbstzeitlosen“ manifestiert. Wahre Gleichberechtigung sucht man im Kunstbetrieb (noch) vergeblich, Hohmann zitiert in diesem Zusammenhang folgende Zahlen (für Deutschland, in Österreich werden sie wohl ähnlich aussehen): Die Galerien für Gegenwartskunst stellen nur zu 25 % Künstlerinnen aus, rund 90 % aller angekauften Werke der Museen stammen von männlichen Künstlern, an den Akademien studieren mehr Frauen als Männer, der weibliche Anteil im Fach Kunstgeschichte liegt bei 80 %, dennoch sind mehr als drei Viertel aller Direktoren an staatlichen Museen Männer. Auch in der Lehre ist noch ein Übergewicht an Männern zu beobachten. Ein Blick auf die teuersten Kunstwerke zeigt – Künstlerinnen befinden sich nicht darunter – allerdings zeigen die Darstellungen meist (nackte) Frauen.((   Hohmann sowie Olga Kronsteiner, Künstlerinnen: Unausgewogene Verhältnisse – Standard )) Winklbauer folgend (S. 47) zeigt dies sehr schön, welche Rollen Frauen von Männern in der Kunstwelt überlassen wurden: Muse und Modell. Das Georg Baselitz Zitat, wonach “Frauen nicht so gut malen.“, darf hier natürlich auch nicht fehlen.

… weil mein Schatz eine ______ ist !

Nochlin teilt in ihrem Artikel „Warum hat es keine bedeutenden Künstlerinnen gegeben ?“ die künstlerisch tätige Frau in diese Gruppen ein:

  • Künstler-Töchter
  • Enge persönliche Beziehung zu einem stärkeren oder dominanten männlichen Künstler

Die Frau als Künstlerin wurde als „beiläufiges Anhängsel“ oder „Beiwagerl“, als die Gattin/Freundin/Lebensabschnittspartnerin eines „großen“ Künstlers angesehen, die eben auch zufälligerweise (quasi die Brotkrummen der Kreativität des Mannes aufsammelnd) künstlerisch („als netter Zeitvertreib?“) tätig ist. Wer noch mehr zu Nochlin lesen möchte, dem sei unser Beitrag #artbookfriday – Wie ich mich sehe. Frauen im Selbstproträt von Frances Borzello empfohlen, aber auch unser Beitrag zur derzeit noch laufenden Ausstellung “Die bessere Hälfte” im Jüdischen Museum in Wien.

Die Einteilung ist aber vor allem seit 1945 zu erweitern. Neu ist die selbständige Wahl der Frau als Künstlerin tätig zu sein, eine unabhängige und freie Entscheidung, unabhängig vom Elternhaus (wobei Nochlin hier eine Untersuchung bezüglich der Förderung der Töchter auf diesem Gebiet durch die Eltern anregt). Die Theorie ist auch noch um die Problemfelder des „weiblichen“ und des „männlichen Blicks“ zu erweitern. Frauen und ihre Kunst per se – was stellen sie dar ? Gibt es da Unterschiede zur Männerkunst – gibt es eine spezifische Frauenkunst ? Maria Lassnig äußerte sich wiederholt kritisch zu der Frage „Sammler und Frauenkunst“.

Katalog 5

Zurück zum Verursacher meiner Gedanken und Überlegungen – dem Katalog 5 des Ressler Kunstauktionshauses. Ab dem 19. Jänner ist in der Galerie OstLicht, in der ehemaligen Anker Brotfabrik, in der Absberggasse 27, 1100 Wien, die Vorbesichtigung der Werke zu sehen, bevor diese am 23.1. versteigert werden.

Ist nun das Abhalten einer Auktion, die ausschließlich Frauenkunst anbieten wird, im Sinne von Stokou isolierend oder wird dieser endlich jene Bühne geboten, die ihr zusteht ? Angeboten wird das Who is Who der österreichischen Künstlerinnen, beginnend mit Katharina Prantl, Martha Jungwirth, Elke Krystufek, Deborah Sengl, über Hildegard Joos, Zenita Komad, Soshana, Johanna Kandl, Xenia Hausner, Kiki Kogelnik, Birgit Jürgenssen, Lotte Profohs, Florentina Pakosta, Christa Hauer, Maria Lassnig, VALIE EXPORT, Trude Fleischmann, Suse Krawagna, Anne Avramidis und viele mehr.

Frauen, die sich auf den erkämpften Rechten ihrer Vorgängerinnen,  künstlerisch verwirklichen konnten bzw können, Kämpferinnen, Vorreiterinnen, Töchter und (scheinbare) “Beiwagerln”. Der Katalog macht auf jeden Fall Lust auf mehr, sich Gedanken und weitere Überlegungen zu machen, er öffnete mir wieder die Augen und es machte mir seit langem Mal wieder Spaß zu bloggen – was die Farbe Pink so alles bewirken kann …

Ein Gedanke zu „Pinkifizierung von Kunst ?!“

  1. Es ist mir eine Freude, mich hier über die Kunst öffentlich äußern zu dürfen.
    Ich sage immer: Es gibt keine schlechte Kunst, sondern es gibt nur Kunst die nicht – oder noch nicht verstanden wird.

    Was mich aber stutzig macht ist, wenn man gegen Kunstfälschungen als Künstler arbeitet, aber bei Kunsthändlern wenig bis gar nicht beachtet wird – gegenüber aber Kunstfälscher heute wie Helden gefeiert werden, wissen wir zu gut aus den Medien.

    Was ist, wenn man sich in der Avantgarde im 21. Jahrh. sich NEU orientiert für einen künstlerischen Fortschritt, indem man nicht 1 sondern 3 Schritte vortritt und gegen Kunstfälschungen gegensteuert, um bewusst sagen zu können, hier gibt es weltweit was einzigartiges – nämlich das absolute Original!!!
    Für Kontakte bin ich immer offen!

    Mehr unter: http://www.fingerprint-on-art.com

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