Paris: na klar. Wunderschön, immer wieder viel zu sehen, eine unerschöpfliche Vielfalt von Museen und Ausstellungen. Ich fahre regelmäßig hin, seit jeher, mal allein, mal mit Mann oder Freundin. Und in den letzten Jahren ganz besonders gern mit meinen Töchtern.
Die großen Highlights in Paris kennt jeder: Eiffelturm, Triumphbogen, Louvre, Notre Dame, Montmartre. Die spare ich mich hier und erzähle lieber von den teils bekannteren, teils unbekannteren Orten, die mir im Laufe der Jahre ans Herz gewachsen sind.
Lieblingsroute
Das Centre Pompidou ist gewiss kein Geheimtipp, aber meine Meinung ist: Wenn man in Paris nur für ein Museum Zeit hat, sollte es dieses sein – gerade auch, wenn man mit Kindern unterwegs ist. Da ist zum einen der Bau von Renzo Piano und Richard Rogers, der allein schon ein Kulturerlebnis ist. Erst recht, wenn man mit den Aufzügen in ihren transparenten Röhren nach oben fährt und einen immer spektakuläreren Blick über Paris bekommt. Oben empfängt einen das Musée National d’Art Moderne mit seiner fantastischen Sammlung. Außerdem gibt es kaum einen Monat, in dem das Centre Pompidou nicht mindestens eine spannende Sonderausstellung zeigt. Und im Erdgeschoss wartet die Galerie des enfants mit wechselnden Kunstschauen für Kinder, in der Regel mit Erlebnis- und Mitmachcharakter.
Rund um das Centre Pompidou geht es weiter mit der Kunst. Ein Anbau beherbergt das Atelier von Constantin Brancusi, das der 1957 verstorbene rumänische Bildhauer der Stadt Paris samt seiner vielen darin befindlichen Kunstwerke vermacht hat. In einer ganz eigenen, sehr gesammelten Atmosphäre kann man hier durch den Kosmos eines großen modernen Künstlers wandeln und eine eindringliche Idee von seinem Schaffen bekommen.
Kindgerechter ist ein anderes Kunstereignis, für das man sich nur einige Schritte vom Eingang des Centre Pompidou entfernen muss: der Strawinsky-Brunnen, geschaffen von Niki de Saint Phalle und Yves Tinguely. In einem wassergefüllten Rechteck sprühen Saint Phalles bunte, üppige Skulpturen und die sich mechanisch bewegenden Kunstwerke Tinguelys auf unterschiedlichste Art und Weise Wasser. Rundherum Street Art und immer wieder Darbietungen von Straßenkünstlern.
Von hier aus ist es nur ein kurzer Weg bis zu dem Schreibwarengeschäft L’Écritoire in der Rue Saint-Martin. Die kleine Boutique wirkt wie eine Papeterie von anno dazumal – mit Siegellack und eigens für das Geschäft gefertigten Siegeln, mit Karten, Umschlägen und Papieren in allen Formen und Farben und vielen Tintensorten. Auch papierne Paris-Devotionalien finden sich in Hülle und Fülle.
Größere Shopping-Gelüste lassen sich nach fünf weiteren Minuten Fußweg befriedigen: In der Rue de Rivoli, nicht weit vom Hôtel de Ville, steht das Kaufhaus BHV. Es ist nicht so prächtig und nicht so berühmt wie die Galeries Lafayette am Boulevard Haussman, dafür aber gut gelegen und schön sortiert mit Accessoires, französischen Modemarken, einer großen Kreativabteilung und kleinen Designobjekten. Sehenswert ist die Fassade des Gebäudes, in dem die Herrenabteilung BHV Homme untergebracht ist: Der Gartenkünstler Patric Blanc hat sie mit einem hängenden Garten begrünt.
Vom BHV aus lässt es sich wunderbar durchs Marais bummeln, das ehemalige jüdische Viertel, in dessen engen Straßen heute viele nette Geschäfte untergebracht sind. Bewegt man sich grob in Richtung der Place des Vosges, entdeckt man unweigerlich viele der schönsten Ecken des Viertels, in dessen stillen Nebenstraßen man sich plötzlich wie in einem alten französischen Film fühlt. Die Place des Vosges selbst mit ihren symmetrischen Arkadenanlagen gehört für mich persönlich zum Schönsten, was Paris zu bieten hat.
Das Marais ist reich an netten Cafés, in denen man sich niederlassen kann. Wenn man es allerdings richtig ruhig möchte, dann läuft man von der Place des Vosges etwa fünf Minuten zum Village Saint-Paul, einem Ensemble alter Innenhöfe, die schon seit Jahrhunderten so aussehen wie heute und die sich trotz ihrer Antiquitätengeschäfte und Cafés eine ganz eigene Ruhe bewahrt haben.
Und ein paar einzelne Highlights
Die Rue Dénoyez im 20. Arrondissement ist einzigartig. Die ganze Straße ist ein einziges, sich ständig veränderndes Street-Art-Kunstwerk, und auch in den umliegenden Straßen finden sich jede Menge Graffiti und Wandmalereien.
Ein großartiges Geschäft, in das jeder Paris-Reisende mit Kindern gehen sollte, ist die alte Lehrmittelhandlung Deyrolle in der Rue du Bac am linken Seineufer. Hier gibt es nicht nur Muscheln und präparierte Schmetterlinge zu kaufen, sondern auch ausgestopfte Eisbären und Giraffen. Eine echte Wunderkammer!
Oase zum Spazierengehen: Die Promenade plantée, auch als Coulée verte bekannt, ist ein entspannter Weg im 12. Arrondissement, auf dem man inmitten von Bäumen durch Paris spazieren oder joggen kann, immer ein bisschen oberhalb des Straßengeschehens. Früher war die Promenade plantée ein Bahnviadukt. Der Wanderweg ist mehr als vier Kilometer lang und von der Avenue Daumesnil südlich der Bastille-Oper aus zugänglich. Genauso beeindruckend wie die Promenade sind auch die Kunsthandwerks-Ateliers in den Bögen des ehemaligen Viadukts, in denen per Hand Schirme, Instrumente, Taschen, Schmuckstücke und Möbel gefertigt werden – auf Weltniveau. Viele sind Werkstatt und Boutique zugleich und treten gemeinsam unter dem Namen Viaduc des arts auf.
Kein Kunstwerk lässt sich unkomplizierter bewundern als der Eingang der Metro-Station Palais Royal – Musée du Louvre. Jean-Michel Othoniel hat diesen luftigen, aus leuchtenden Perlen bestehenden Baldachin geschaffen. Ein zauberhafter Anblick, den auch Kinder lieben.
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Über die Autorin:
Auf www.kindamtellerrand.de schreibe ich, Maria-Bettina Eich, über Kultur und Reisen mit Familie – mit dem Ziel, unsere Begeisterung für Orte, Kunstausstellungen, Kulturerlebnisse zu teilen, die Kinder und Eltern gleichermaßen Spaß machen. Das hat einerseits mit meinem Background als Journalistin und studierter Literaturwissenschaftlerin zu tun. Und andererseits mit den Erfahrungen, die wir machen, seit wir zusammen mit unseren mittlerweile im Teenager-Alter angekommenen Töchtern reisen und Kunst anschauen. Denn auch, wenn unsere Kinder nach den vielen kulturellen Unternehmungen, mit denen wir in ihrer Kleinkindzeit begonnen haben, gerne mal meckern: Wir spüren, wie sie immer wieder anbeißen und einen eigenen Zugang finden zu fremden Orten, Kunstwerken, kulturellen Eigenheiten. Anders als wir, aber nicht weniger als wir.
Merci Maria-Bettina von Kind am Tellerrand herzlichst für den wunderschönen Beitrag über Paris mit Kindern!
Coverbild: Centre Pompidou – Rolltreppenblick | © Maria-Bettina Eich