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Rezension: Noah Charney – Original Meisterfälscher

Zugegeben – meine erste Reaktion, als ich ein Mail vom Brandstätter Verlag erhielt, das über das Erscheinen des Buches von Noah Charney – Original Meisterfälscher informierte, war zunächst einmal “Aha – noch ein Buch über Kunstfälschungen”. Bücher über Kunstfälscher oder / und Kunstmärkte erschienen bzw. erscheinen zu Genüge, so stellt sich als Leser_in die Frage – soll ich dieses oder jenes Buch auch noch lesen ?

Zu Noah Charneys Buch gibt es eine klare Antwort: Ja, dieses Buch muss man gelesen haben.

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© Brandstätter Verlag

Zum Buch

Auf 296 Seiten und mit 120 Abbildungen führt uns Noah Charney durch die Welt und Geschichte der Kunstfälscher und der Kunstfälschungen.

Nach einer kurzen Einleitung folgen acht Kapitel, die sich jeweils einem Beweggrund der Kunstfälscher widmen.

Motive der Kunstfälscher sind:

  • Genie
  • Stolz
  • Rache
  • Ruhm
  • Kriminalität
  • Opportunitismus
  • Geld
  • Macht

Jedem Kapitel wird eine einseitige Erklärung vorgestellt, die erklärt, worum es sich im folgenden handelt und was mit dem jeweiligen Überwort gemeint ist. Pro Kapitel werden einige Kunstfälscher vorgestellt, ca. 4 – 5, wobei jedem Fall durchschnittlich 5-6 Seiten gewidmet wird, versehen mit genügend Anschauungsmaterial.

Beim Kapitel “Genie” bedeutet dies folgendes:

“Dieses Kapitel handelt von einigen der bekanntesten Künstler, die fälschten, um sich selbst zu schmeicheln, und für die der Akt der Nachahmung des Werks eines anderen eine künstlerische Übung war. […] Für die Fälscher dieses Kapitels war die Demonstration, dass sie die alten Meister nachahmen können, reiner Selbstzweck. Sie fälschten, um ihre überragende Begabung zu beweisen […].” Noah Charney, S. 35.

Behandelt werden danach die Kunstfälscher Michelangelo Buonarroti, Luca Giordano, Reinhold Vasters (1827-1909), Icilio Joni (1866-1946) und Jaef van der Veken (1827-1964). Sie alle haben eines gemeinsam, dass sie alte Meister, Dürer oder antike Skulpturen nachahmten. Auf Vasters Spuren kam man erst 100 Jahre nach seinem Tod bzw. hatte Joni seine Freude daran sein Können zu zeigen.

098 Meegeren painting

Hans van Meegeren *1889-1947+ Maler, Bildfälscher, Niederlande, van Meegeren demonstriert seine Maltechnik, um den Beweis seiner Urheberschaft an den Fälschungen zu erbringen – 1946/1947

In den weiteren Kapitel warten dann Kunstfälscher wie Eric Hebborn, Han van Meegeeren, Elmyr de Hory,  John Myatt uvm auf die Leser_innen. Noah Charney behandelt aber nicht nur die Kunstfälscher selbst, sondern zeigt anhand von Fällen wie jener der Galerie Knoedler, William Skyes, der konstantinischen Schenkung oder der Hitler-Tagebücher – wie weitreichend Fälschungen die Geschichte oder den Kunstmarkt beeinflussen können.

Als Juristin mit Spezialisierung auf Kunstrecht und als Kunsthistorikerin, mit Forschungsschwerpunkt auf Kunstexpertisen kann ich sagen, dass ich eine Vielzahl von Büchern über Kunstfälscher und Kunstfälschungen gelesen habe.((Siehe dazu unsere Literaturübersicht zu den Kunstfälschungen))

Was unterscheidet nun Noah Charneys Buch von den anderen ? Eindeutig der Aufbau des Buches – die Darstellung bzw. ein Überblick über die Kunstfälschungen über die Jahrhunderte (bzw. Jahrtausende) wäre nichts neues –  aber auch der Schreibstil Charneys überzeugt – da er sich nicht nur an ein Fachpublikum wendet, sondern für ein breites, interessiertes Publikum schreibt.

Durch die Einteilung des Buches nach den Motiven des Kunstfälschers (wobei sich natürlich das einiges überschneidet) zeichnet Noah Charney gleichzeitig auch ein spannendes Psychogramm über die Kunstfälscher.

Wer eine ausführliche Zusammenstellung über Kunstfälscher lesen möchte, dem sei dieses Buch empfohlen. Wenn man bereits in die Materie eingelesen ist, kennt man bereits einige Fälle, die Charney vorstellt, allerdings gefiel mir, dass er auch detaillierter auf die Prozesse einging sowie doch einige Kunstfälscher-Fälle behandelt, die mir selbst noch nicht so geläufig waren.

183 Chagalls from back

Chagalls from back

Was sich wie ein roter Faden durch das Buch zieht, ist auch das “Spannungsverhältnis” zwischen Kunstexperten und Kunstfälscher. Charney zeigt hier Fälle auf, wo Experten bis zum letzten Kämpfen und argumentieren, warum die von ihnen nicht erkannte Fälschung dennoch ein Original sei, aber auch das Ignorieren von Hinweisen, dass es sich um eine Fälschung handeln könnte uvm.

Zum Autor

Der Kunsthistoriker Noah Charney spezialisierte sich auf Kunstkriminalität. Er gründete die ARCA, Association for Research into Crime against Art, eine Vereinigung, die sich auf wissenschaftlicher Basis mit Kunstkriminalität befasst. Noah Charney lebt in Slowenien und Italien.

Homepage des Autors: Noah Charney

Fazit

Ein großartiges Buch, das einen in die spannende Welt der Kunstfälschungen entführt. Die vorgestellten Fälle sind teilweise bekannt (wie Wolfgang Beltracchi oder Eric Hebborn), dennoch bietet das Buch viele neue Fälle, überraschende Aspekte und einen interessanten Zugang rund um die glamouröse Welt der Kunstfälscher und ihren Fälschungen.

Wer noch mehr über Noah Charney erfahren möchte, dem sei unser Interview mit ihm empfohlen.

Wir danken dem Brand­stät­ter Ver­lag für die Zusendung eines Rezensionsexemplares.

3 Gedanken zu „Rezension: Noah Charney – Original Meisterfälscher“

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